UMTS/HSDPA-Projekt
Stand: 05.09.2010 - Copyright 2009 NetPirate.de

 

"Breitbandzugang zum Internet" für min. 50% der Haushalte bis 2010, so lautet auf dem Breitbandportal die Initiative der Bundesregierung. Ein gut gemeinter Ansatz, doch leider sieht die Wirklichkeit anders aus. Gerade bei uns auf dem Land ist der ein Breitbandzugang (inkl. Flatrate) zum Internet oft nicht mehr als ein lang ersehnter Wunsch. Selbst Flatrates für schmalbandige ISDN-Verbindungen wurden bis vor Kurzem nicht angeboten bzw. sind einfach zu teuer.

 

Die Ausgangslage

 

Erste Überlegungen

Schon bereits vor mehreren Monaten (Der Beginn des UMTS/HSDPA-Projekts war August 2007) machte ich mir erste Gedanken, wie man selbst bei uns im ländlichen Gebiet Breitbandinternet per Funk zu einigermassen überschaubaren Kosten realisieren kann. Sicherlich ist eine Funkverbindung nicht die einfachste und auch nicht die kostengünstigste Variante, aber mit einer sehr "funkfreundlichen" Lage vielleicht die einzige Alternative.

So enstanden in den letzten Monaten folgende gedankliche Projekte:

  1. Breitbandverbindung per WLAN

    Auf diese Idee kam ich, als ich das erste Mal das Signal einer WebCam vom ca. 6km entfernten Hohen-Peissenberg auf unserem Balkon mit meinem Notebook aufgefangen habe. Kurz darauf versuchte ich mit Hilfe meines Notebooks und eines Linksys WRT54GL WLAN-Routers die maximale Reichweite einer WLAN-Verbindung herauszufinden. Dabei stellte ich fest, daß selbst eine Verbindung über 6km mit einfachsten Mitteln (OHNE Richtantennen) möglich ist. D.h. um uns und unsere Nachbarn selbst bei schlechtem Wetter mit Breitbandinternet zu versorgen, müßte man somit nur auf dem Hohen-Peissenberg einen Accesspoint mit DSL-Anschluß installieren und das Signal mit Hilfe einer Richtantenne zu uns senden. An unserem Standort müßte man ebenfalls einen Accesspoint mit Richtantenne als Client installieren. Fertig wäre der Breitbandzugang - in der Theorie.
    Ein Beispiel aus der Praxis: http://www.vallstedt-networks.de - Es funktioniert !
  2. Breitbandanbindung per UMTS/HSDPA

    Diese Möglichkeit entdeckte ich, als ich von meinem Arbeitgeber, eine UMTS/HSDPA-Karte zum Testen bekommen habe. An diesem Tag stellte ich fest, daß bei uns ein schwacher UMTS/HSDPA-Empfang und damit eine Internetverbindung mit bis zu 1,8Mb/s möglich ist. Leider war zu diesem Zeitpunkt UMTS und vorallem HSDPA noch recht teuer und unsere Internetkosten via ISDN nicht so hoch. Das sollte sich aber im Laufe der Monate ändern, besonders, als ich auf die UMTS/HSDPA-Flatrate von Moobicent aufmerksam wurde.

 

Endlich Breitband !

Durch die Erkenntnis, daß doch UMTS/HSDPA verfügbar ist und Moobicent eine Full-Flatrate im Vodafone-Netz anbietet, entstand das nun geschilderte UMTS/HSDPA-Projekt.

1. Vorüberlegungen

2. Standorte der Mobilfunkanlagen

Die Standortbestimmung der Mobilfunkanlagen, welche für den Empfang in Frage kommen, war gar nicht so einfach. Weder das Vodafone-Business-Team noch die Mitarbeiter im nächstgelegenen Vodafone-Shop konnten (wollten) mir die Frage genau beantworten. Aber durch Recherche im Internet und diversen Versuchen konnten folgende Standorte (s. Bild-1) ausfindig gemacht werden:

Sat-Ansicht - Zum Vergrößern bitte anklicken
Bild-1: Satelliten-Ansicht der 3 Standorte
(Quelle: http://www.map24.de)

3. Monatliche Kosten

Die Flatrate von Moobicent kostet im Monat 39,95 Euro. Moobicent ist eine Tochter der Victorvox AG und nutzt das Netz von Vodafone. Vodafone selbst bietet zur Zeit nur eine "Fair-Flat" inkl. 5GB Volumen im Monat an. Diese 5GB darf man an zwei aufeinander folgenden Monaten überschreiten, danach wird der Internetzugang ab dem 5. Gigabyte richtig teuer. Da wir mittlerweile zu Dritt den Anschluß nutzen wollen, sind 40 Euro im Monat akzeptabel und die Gefahr der Volumenüberschreitung durch die Moobicent Flatrate nicht vorhanden.

4. Zusätzlicher technischer Aufwand und dessen Kosten

Da nicht nur ein einzelner User, sondern unser gesamtes Netzwerk einen Breitbandzugang zum Internet bekommen soll, mußte neben der Datenkarte auch ein UMTS-Router angeschafft werden. Um auch bei schlechtem Wetter eine stabile Verbindung zu erhalten, ist eine Außenantenne, am besten eine Richtantenne mit hohem Gewinn, unerläßlich.

Meine Einkaufsliste:

5. Aufbau und Inbetriebnahme

Nachdem alles geliefert und die N-Stecker von mir am Aircom-Plus konfektioniert wurden, konnten die ersten Peilversuche beginnen. Damit ich alle drei Standorte der Vodafone-Sendeanlagen testen konnte, montierte ich die PA-2000-UMTS-Antenne auf einem Fotostativ und positionierte die ganze Antennenkonstruktion auf dem Balkon im ersten Stock. Leider zeigt der UMTS-Router von Linksys die Empfangsfeldstärke nur sehr grob in 3 Stufen an. Daher installierte ich die Option-UMTS-Karte zusammen mit der Software MWconn V3.7 auf einem Notebook (s. Bild-2). Diese Software kann direkt die Signalqualität der Datenkarte abfragen und ermöglicht somit eine sehr exakte Ausrichtung der Antenne. Darüberhinaus zeigt Sie auch die Cell-ID der angepeilten Funkzelle an, womit ich die einzelnen Standorte sehr gut unterscheiden konnte (s. Bild-3).

Testaufbau mit Notebook - Zum Vergrößern bitte anklicken
Bild-2: Testaufbau mit Notebook und MWConn V3.7

Screenshot - Zum Vergrößern bitte anklicken
Bild-3: Screenshot von MWconn V3.7

Bei diesen ersten Versuchen mußte ich mit Erstaunen feststellen, daß die am weitesten entfernte Sendeanlage auf dem Schnaidberg das beste Signal lieferte. Desweiteren erstaunte es mich noch mehr, daß ich bei horizontaler Polarisation der Antenne ein noch besseres Signal bekam. Ich ging bis jetzt immer davon aus, daß die Empfangsantenne vertikal polarisiert sein sollte. Nachdem die grundlegenden Tests abgeschlossen waren, wurde die Antenne an ihren vorgesehenen Platz montiert (s. Bild-4a). Unter dem Vordach ist Sie gut vor Witterungseinflüssen wie Regen oder Schnee geschützt und fällt auch an der Fassade des Hauses kaum auf.
Für die Montage an der Hauswand habe ich einen stabilen Winkel aus nicht rostenden Edelstahl gebogen und mit 2 Schrauben an die Wand geschraubt (s. Bild-4b). Die Antenne selbst wurde direkt an den Halter geschraubt. Die beiliegende Masthalterung wurde für eine evtl. spätere andere Befestigung aufgehoben. Obwohl Koaxialverbindungen der N-Norm wasserdicht sind, wurde die N-Buchse und der N-Stecker bis zum Antennenkabel mit einem selbstverschweißenden Isolierband umwickelt (s. Bild-4b). So hält die N-Verbindung über Jahre auch schlechter und direkter Witterung stand.

Montage-Ort der PA-2000 - Zum Vergrößern bitte anklicken Bild-4a: Montage-Ort der PA-2000 UMTS-Antenne
Montage der PA-2000 an der Hauswand - Zum Vergrößern bitte anklicken Bild-4b: Montage der PA-2000 an der Hauswand

Der Router wurde im Dachboden montiert, damit das Antennenkabel so kurz wie möglich werden konnte. Man sieht auf Bild-5 gut, wie das dünne Kabel des Pigtails auf das dicke Aircom-Plus Kabel übergeht. Die gesamte Verkabelung hat eine Dämpfung von ca. 3dB. Zieht man die Dämpfung von den 15dBi Gewinn der Richtantenne ab, bleiben immer noch 12dB Gewinn übrig. Diese Berechnung konnte ich durch Empfangsversuche mit und ohne externer Richtantenne verifizieren.

Routerverkabelung - Zum Vergrößern bitte anklicken
Bild-5: Verkabelung am Router

Somit wurde mit an den leicht unbeständigen Tagen der Installation und Ausrichtung mit Hilfe der Richtantenne ein stetes Signal von -81dBm gemessen. Ohne externer Antenne waren es nur -94dBm. Bei schönem Wetter und klarer Sicht beträgt die mit MWconn gemessene Signalstärke -79dBm.

 

Wichtige Informationen am Rande:

Da es sich bei UMTS-/HSDPA-Verbindungen um Funkverbindungen 15cm-Band handelt, muß bei der Konfektion der Kabel und deren Verlegung höchste Sorgfalt gewahrt werden. Kleinste Abweichungen können sich in Form von Dämpfung oder einer Fehlanpassung der Speiseleitung bzw. der Antenne bemerkbar machen. Desweiteren kann eine Fehlanpassung der Antenne oder der Speiseleitung einen irreparablen Schaden der Sendeendstufen der UMTS/HSDPA-Karte nach sich ziehen.

Auch sollte man gerade bei großen Entfernungen beachten, daß das Wetter einen großen Einfluß auf das Signal und somit auch der Datenrate der Verbindung hat. Durch Regen- oder Schneefall können sog. Mehrwegeausbreitungen auftreten, welche das Signal dann negativ beeinflussen.

 

6. Das Ergebnis

Seit dem 3.9.2007 haben wir jetzt eine sehr stabile HSDPA-Verbindung. Die Sendeanlage "Funkturm Rottenbuch" ist zur Zeit mit 3,6Mb/s ausgebaut. Die realen gemessenen Downloadraten betrugen bis jetzt bis max. 400kB/s, was in etwa einer Datenrate von ca. 3,2 Mb/s entspricht. Für die Zukunft plane ich evtl. die Antenne auf unserem Antennenmasten direkt unter meine TSB-3305 (2m/70cm Amateurfunk) zu setzen (s. Bild-6). Das würde die Montagehöhe um ca. 3m anheben und evtl . eine direkte Sichtverbindung zum "Funkturm Rottenbuch" ermöglichen. Allerdings wäre die Antenne dann auch Regen, Schnee und bei windigem Wetter Mastschwankungen ausgesetzt, ein Umstand, der die Sende- und Empfangsqualität der Verbindung sicherlich nicht begünstigt.

Antennenmast - Zum Vergrößern bitte anklicken
Bild-6: Die Zukunft - Die PA-2000 am Antennenmast ?

7. Die Langzeiterfahrungen

Seit ihrer Inbetriebnahme ist die hier beschriebene Anlage im Dauerbetrieb. Das soll nicht etwa heissen, daß sie 24h/Tag mit dem UMTS-Netz von Vodafone verbunden und damit online ist, sondern vielmehr, daß die UMTS/HSDPA-Verbindung bei Bedarf automatisch aufgebaut und bei Nichtbenutzung nach einer voreingestellten Zeit wieder getrennt wird. Auch hatten wir seit der Inbetriebnahme weder Ausfälle des Vodafone-Netzes bemerkt, noch sind wir, wie von vielen "Powerusern" in diversen Foren diskutiert wird, in der Datenrate "eingeschränkt" worden. Allerdings erzeugen wir nur einen durchschnittlichen monatlichen Traffic von ca. 1,5 bis 2,5GB.

Die Funkverbindung ist sehr stabil und selbst bei starkem Schneefall, welchen wir in der Vorweihnachtszeit und an Silvester 2007 hatten, riß diese nicht ab. Einzig die Netto-Datenrate sank von durchschnittlichen 2,8 Mbit/s auf ca. 1-1,5 Mbit/s. Leider bin ich noch nicht dazugekommen, die Signalstärke bei starkem Schneefall im Vergleich zu einer guten Wetterlage zu bestimmen. Dies möchte ich aber, soweit es meine Zeit und die Witterung zuläßt, nachholen.
Desweiteren möchte ich durch diese sehr guten Erfahrungen auch von meinem Plan absehen, die PA-2000 auf den Antennenmasten (s. Bild-6) zu setzen. Die Mastschwankungen bei Wind und der direkte Einfluß der Witterung auf die Antenne würden mehr Signalschankungen verursachen, als die ca. 3m höhere Montage an Gewinn bringen würde.

Zu der Internetverbindung via UMTS/HSDPA selbst kann ich sagen, daß man diese nicht mit einer "normalen Internetverbindung" via Kabel (DSL, SDH, KabelTV, Glasfaser, etc.) vergleichen sollte. Der Grund liegt bei Vodafone, genauer gesagt in der Komprimierung der Daten durch die Technologie von ByteMobile. Standardmässig werden bei einer GPRS-/UMTS-/HSDPA-Verbindung über den APN "web.vodafone.de" alle komprimierbaren Daten auf den gängigsten TCP-Ports durch einen transparenten Server komprimiert. Der so erzeugte Traffic wird dadurch zum Teil erheblich reduziert. Um dies zu steuern oder auch zu umgehen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, welche aber auch verschiedene Nebeneffekte erzeugen können. Kurz gesagt, solange man einen UMTS-Router, wie den Linksys WRT54G3G-EU mit Original-Firmware, einsetzt, muß man auf jedem Client eine für sich passende Lösung finden.
Wir setzen bei uns im Netzwerk auf allen Windows-Rechnern den "Vodafone Highperformance Client" (einen ByteMobile-Client) ein. Leider verursacht dieser Probleme bei der Email-Abfrage in Verbindung mit Internet-Securities und einigen Antiviren-Lösungen. Diese Probleme treten vorallem auf, wenn beide Programme auf den gleichen TCP-Port parallel zugreifen möchten. Dieser Umstand wurde durch den Senior Manager des Custom Supports bei ByteMobile bestättigt. Um dieses Problem für ein ganzes Netzwerk zu beseitigen, wäre es sinnvoll einen ByteMobile-Client direkt in der Routerfirmware zu integrieren. So könnte man auch einige andere Probleme, die durch den transparenten Komprimierungsserver entstehen, umgehen. Sowohl Vodafone, als auch Linksys - beide Firmen arbeiten an der Firmware für den WRT54G3G-EU - waren sehr offen für diese Idee. Leider gibt es bis zum heutigen Zeitpunkt noch keine Original-Firmware mit der Implementierung des Clients.

Nun warte ich auf den Ausbau des Vodafone UMTS-Netzes auf HSDPA 7,2Mbit/s und HSUPA. Das Firmware-Update für die Option GE 201, welches HSDPA bis 7,2Mbit/s ermöglicht, ist seit dem 22.01.2008 installiert. Aber leider sind die Sendeanlagen, auf denen wir uns einloggen könnten (s. Bild-1), noch nicht aufgerüstet.

8. Wie geht es weiter?

In der Zwischenzeit bin ich umgezogen und verfüge nun über einen sehr schnellen (A)DSL-Anschluß (18Mbit/s Down- und 1Mbit/s-Upload). Der UMTS/HSDPA-Anschluß im Elternhaus verrichtet weiterhin sehr gut seine Dienste und über einen schlechen oder gar "gedrosselten" Internetzugang ist mir nichts bekannt. Schön wäre es, wenn ich mich per VPN im Elternhaus einloggen könnte. Aber leider da macht mir die Bytemobiletechnologie immer noch einen Strich durch die Rechnung.

Neuste Meldung in den Schongauer Nachrichten vom 4./5.9.2010:

Der Funkturm Rottenbuch wird mit LTE-Technologie ausgebaut. Ich bin einmal gespannt, ob dann auch bei uns eine Verbindung basierend auf LTE möglich sein wird. Denn eine Sektorantenne für UMTS/HS(D)PA ist grob in unsere Richtung gerichtet.

Lassen wir uns überraschen, wie sich diese ganze Thematik in der Zukunft entwickelt.

 

Nützliche Links rund um dieses Thema

1. (Online-) Shops

2. Netzbetreiber und Reseller

3. Standorte von Mobilfunkanlagen

4. Allgemeine Informationen rund um UMTS/HSDPA, Antennen und HF-Technik

5. Informationen und Communities rund um die Breitbandversorgung

6. Hersteller von UMTS-Routern

7. Nützliche Software

 

Weitere Fragen und Antworten

Da ich bewußt nicht alle kleinsten Details auf dieser Seite veröffentlicht habe, kann sich jeder, der Hilfe benötigt oder noch Fragen hat, gerne per Email an mich wenden. Ich hoffe hiermit einigen Breitband-Geschädigten einen Anreiz geschaffen zu haben, die Alternative über UMTS/HSDPA auszuprobieren.

 

Viel Spaß bei Ihrem eigenen Projekt !